Im Laufe der Jahre haben schon viele Figuren das Grey Sloan Memorial Hospital und damit die Serie „Grey’s Anatomy“ verlassen. Nur selten fand ich es so bedauerlich wie bei Arizona Robbins. Einige Worte zum Abschied von einer meiner Lieblingsserienfiguren.
ProSieben zeigt in dieser Woche das Finale der 14. Staffel von Grey’s Anatomy, in der es heißt, von gleich zwei Hauptfiguren Abschied zu nehmen.
Einige Wochen, bevor das Staffelfinale in den USA ausgestrahlt wurde, war bekannt geworden, dass Sarah Drew alias April Kepner und Jessica Capshaw alias Arizona Robbins die Serie mit dem Ende der Staffel verlassen würden.
Während ich mit April nie wirklich warm geworden bin, obwohl Sarah Drew sie meines Erachtens großartig gespielt hat, gehörte Arizona fast seit ihrem Debüt in der 5. Staffel zu meinen Lieblingsserienfiguren, und zwar nicht nur bei Grey’s Anatomy, sondern überhaupt. Insofern ist dieser Abschied bittersüß – bitter, weil ich sie wirklich vermissen werde, aber auch süß, weil ihre Figur einen positiven Abschied bekommt: Sie zieht mit ihrer Tochter Sofia nach New York, wo ihre Ex-Frau Callie lebt, damit Sofia sich nicht mehr zwischen ihren Müttern hin- und hergerissen fühlen muss. Und, so viel sei verraten: Es sieht sehr danach aus, dass auch „Calzona“ auf ein Happy-End zusteuern.
Out and proud
Mit weit über 200 Folgen in 10 Staffeln der Erfolgsserie war Arizona die dienstälteste Lesbe im amerikanischen Fernsehen. Anders als viele andere LGBTQ*-Figuren in Serien und Filmen war sich Arizona ihrer Sexualität immer sehr sicher und ging auch immer sehr offen damit um, wie u.a. die kanadische Serienseite The TV Junkies in ihrem Abschiedsartikel für Arizona feststellt:
„Unlike many of the characters that we see in the LGBTQ+ community in film and television, Arizona has never been a character who struggled with her sexuality. She was out and proud from the moment we met her and her sense of self never wavered.“
Arizona hinterließ nicht nur bei Callie, sondern auch bei vielen Zuschauer*innen (oder wenigstens bei mir) einen nachhaltigen Eindruck, als sie die unter Liebeskummer leidende Orthopädin auf der Toilette ihrer Stammkneipe traf. Während die meisten der weinenden Callie ein Taschentuch und vielleicht noch ihre Telefonnummer in die Hand gedrückt hätten, tat Arizona etwas anderes, um Callie zu versichern, dass es mehr als genug Interessentinnen geben würde, sobald sie bereit sei, sich wieder auf jemanden einzulassen: Sie küsste sie. In Zeiten von #metoo vielleicht nicht ganz unproblematisch, aber Callie schien kein Problem damit zu haben.
Realistisch und komplex
Tatsächlich bemühte sie sich danach um ein Date mit Arizona – und blitzte ab. Arizona hatte nämlich erfahren, dass Callie bisher nur einmal mit einer Frau zusammen war und wollte nicht das Versuchskaninchen sein für eine Frau, die ihre Sexualität gerade erst erforscht. Spätestens jetzt dürfte sich so manche lesbische Frau in Arizona wiederentdeckt haben, denn das ist tatsächlich eine realistische Reaktion in dieser Situation. Die Autor*innen von Grey’s hatten für Arizona offensichtlich ihre Hausaufgaben gemacht.
Dazu gehörte auch, dass sie Arizona als komplexe Figur gestaltet haben, deren Sexualität zwar ein Teil von ihr ist, aber eben nur eine Facette von vielen. Arizona war nicht nur Callies Freundin bzw. später Ehefrau, sondern vor allem auch eine erfolgreiche Ärztin. Und sie pflegte Freundschaften unabhängig von ihrer Beziehung, u.a. mit ihrer Kollegin Teddy Altman. Eine besondere Beziehung verband sie auch mit Alex Karev, den sie nach und nach zu einem hervorragenden Kinderchirurgen ausbildete. Um Arizonas Verhältnis zu Alex zu schützen, verschwieg Callie Arizona sogar, dass es Alex war, der Arizona nach dem verheerenden Flugzeugabsturz am Ende von Staffel 10 das Bein amputierte und nahm die Schuld auf sich.
In guten wie in schlechten Zeiten
In dieser Zeit nach dem Absturz bekamen die Zuschauerinnen und Zuschauer eine andere Arizona Robbins zu sehen. Der Sonnenschein, der auf Turnschuhen mit Rollen durchs Krankenhaus rauscht und überall versucht, gute Laune zu verbreiten, war für eine Weile nicht wiederzuerkennen. Mit ihrer Verbitterung machte Arizona ihrer Frau das Leben zur Hölle, die dennoch tapfer versuchte, an ihrer Seite zu bleiben. In guten wie in schlechten Zeiten eben. Diese dunkle Phase gab nicht nur der Figur Arizona weitere Komplexität – wenn sie auch schwer zu ertragen war – sondern auch ihrer Beziehung mit Callie. Sie hatten gute und schwierige Phasen, wie eben jede andere Ehe auch.
Und ausgerechnet der Sonnenschein Arizona war es auch, der das Ende ihrer Ehe einläutete: Mit einem Seitensprung. Und zwar – und auch da blieb die Serie der Figur treu – mit einer anderen Frau. Mit diesem Dreh schafften die Autor*innen es gleichzeitig, das häufig verbreitete Klischee über Bisexuelle, die nicht treu sind, zu konterkarieren. Denn es war eben nicht die bisexuelle Callie, die ihre Frau betrog.
Nicht alle Wendungen, die die Geschichte von Arizona in der Serie nahm, fand ich gut. Darauf, dass Callie sich, nachdem sie sich von Arizona getrennt hatte und diese für eine Weile in Afrika war (Schauspielerin Jessica Capshaw bekam in der Zeit ein Kind), mit ihrem Kumpel Mark tröstete und von ihm schwanger wurde, hätte ich gut verzichten können. Immerhin ersparte es den Zuschauerinnen und Zuschauern aber eine lang hingezogene „Wir wollen schwanger werden und suchen einen Samenspender“-Geschichte. Auch den Sorgerechtsstreit um Tochter Sofia fand ich anstrengend. Und in den letzten Staffeln schien den Autor*innen von Grey’s Anatomy für die Figur Arizona nicht mehr viel einzufallen. Was wohl auch der Grund sein dürfte, warum man sie – leider – letztlich rausgeschrieben hat.
Wichtige Sichtbarkeit
Ich werde Arizona vermissen. Nicht nur, aber auch wegen ihrer Wichtigkeit für die Sichtbarkeit von lesbischen Frauen im Fernsehen. Diese Bedeutung der Figur ist im Laufe der Jahre ein wenig aus dem Blick geraten, ironischerweise gerade weil Arizonas Sexualität nicht permanent thematisiert oder gar dramatisiert, sondern mit einer Selbstverständlichkeit und Normalität als Teil der Figur erzählt wurde, an der sich deutsche Serienschaffende gern ein Beispiel nehmen dürfen. Trotz der kritischen Punkte, die ich oben angeführt habe, bin ich Shonda Rhimes und ihrem Team sehr dankbar, dass sie nach dem ersten, nicht besonders erfolgreichen Versuch, Callie mit einer Frau zusammenzubringen, nicht aufgegeben und Arizona Robbins geschaffen haben. Etwas, dass in Bezug auf Grey’s ebenfalls manchmal aus dem Blick gerät, ist zudem, dass weder Callie noch Arizona Opfer des „Dead Lesbian Syndromes“ geworden sind. In einer Serie, in der auch Hauptfiguren schon den Serientod gestorben sind, ist das durchaus erwähnenswert.
Auf Wiedersehen, Dr. Robbins. Und danke an Jessica Capshaw, Shonda Rhimes und alle, die über die Jahre diese tolle Figur mit Leben gefüllt haben.
Die letzten beiden Folgen der 14. Staffel von „Grey’s Anatomy“ laufen an diesem Mittwoch (17.10.) ab 20:15 Uhr bei ProSieben.
Kommentare
Eine Antwort zu „„Grey’s Anatomy“: Goodbye Arizona Robbins“
Für alle, die ein bisschen unglücklich damit sind, dass es dann doch ein bisschen vage geblieben ist, ob Arizona und Callie wieder zusammenkommen, ist hier ein kleiner Trost. Einige kreative „Calzona“-Fans haben sich Gedanken gemacht, wie ein Happy End für die beiden aussehen könnte, und daraus einen Comic gemacht, den sie zum freien Download veröffentlicht haben. Er ist in mehreren Sprachen verfügbar, auch auf Deutsch. Viel Spaß beim Schmökern und Schmachten.
The Calzona Comic Project
Und hier noch ein Artikel von Autostraddle zu den Hintergründen:
Callie and Arizona Get The Happy Ending They Deserve in This Fan-Created “Grey’s Anatomy” Comic Book