„A League of Their Own“: Eine Klasse für sich

Mitte August hat Amazon Prime die erste Staffel von A League of Their Own veröffentlicht.

In der Serie wird die Geschichte einer Frauen-Baseballmannschaft in den 1940er Jahren in den USA erzählt. Sie greift damit die Idee des gleichnamigen Films von Penny Marshall aus dem Jahr 1992 auf.

Die „Rockford Peaches“ (Quelle: Amazon Prime)

In einem zweiten Handlungsstrang, den es im Film nicht gibt, geht es um eine junge, ebenfalls Baseball-begeisterte Frau, die in dieser Mannschaft jedoch nicht spielen darf, weil sie nicht weiß ist.

Alles andere als ein Remake

Und noch etwas unterscheidet die Serie vom Film und macht deutlich, dass es sich eben nicht um ein Remake handelt, wie manche fälschlich angenommen haben: Die Serie ist queer. Sooooo queer. Und anderweitig divers. Aber vor allem queer. Und hatte ich schon erwähnt, wie queer die Serie ist?

Ich betone das so, weil es mich so überrascht hat. Man könnte meinen, dass das nicht ganz unerwartet kommt. Nicht nur Abbi Jacobson und Will Graham, die die Serie zusammen entwickelt haben, sind offen queer, sondern auch ihre Mit-Produzentin Desta Tedros Reff beschreibt sich in ihrem Twitter-Profil als “Queer, Black, and Proud“. Aber dass queere Menschen hinter den Kulissen verantwortlich sind, heißt ja leider nicht zwingend, dass sich das auch vor der Kamera widerspiegelt.

Meine Überraschung hat aber wohl auch damit zu tun, dass A League of Their Own nicht als ausgesprochen queere Serie angekündigt wurde. Bei Serien wie The L Word oder Queer as Folk ist das ja von vornherein angelegt. Hier schien schon durch die Anlehnung an den Film, insbesondere auch durch denselben Titel, das Thema gesetzt: Frauen, die in den USA in den 1940er Jahren Baseball spielen.

Und darum geht es natürlich auch. Nur eben mit einem anderen, für viele unerwarteten, von den meisten aber auch gefeierten Fokus.

Geschichten, die im Film nicht erzählt wurden

In Interviews zur Veröffentlichung der Serie haben die Verantwortlichen deutlich gemacht, dass sie vor allem die Geschichten erzählen wollten, die Penny Marshall 1992 nicht erzählen, sondern allerhöchstens andeuten konnte. Das war zum einen die Tatsache, dass es in der Liga auch queere Spielerinnen gab. Zum anderen geht es darum, dass schwarze Spielerinnen nicht für die “All-American Girls Professional Baseball League“ zugelassen waren. Sie mussten sich ihren eigenen Weg suchen, um Baseball zu spielen. In A League of Their Own wird dies ausführlich am Beispiel von Maxine „Max“ Chapman (Chanté Adams) erzählt.

Max (rechts) und ihre beste Freundin Clance (Quelle: Amazon Prime)

Andere Serienverantwortliche hätten es dabei wohl belassen und die beiden Haupt-Storylines thematisch getrennt. Anhand des Teams “Rockford Peaches“ und insbesondere der Spielertrainerin Carson Shaw (Abbi Jacobson) hätte man das Thema sexuelle Orientierung, anhand von Max das Thema Rassismus behandelt. Das, was Carson und Max verbindet, wäre dann allein das Thema Baseball gewesen. 

Nicht so in A League of Their Own. Zwar ist Baseball – natürlich – auch etwas, das Carson und Max verbindet und worüber sie sich zunächst annähern. Aber sehr schnell geht es auch um das Thema Sexualität und Geschlechtsidentität. Was Carson zunächst in Panik versetzt – dass Max zufällig mitbekommt, wie sie und ihre Mannschaftskollegin Greta (D’Arcy Carden) sich küssen – erweist sich im Nachhinein für beide als Glücksfall. Denn so kann Max sich gegenüber Carson öffnen, die zunächst die einzige ist, mit der sie sprechen kann. Und auch Carson hat eine Gesprächspartnerin, mit der sie ihre Gefühle für Greta, aber auch für ihren Mann Charlie (Patrick J. Adams) reflektieren kann. 

Die Vielfalt in der Vielfalt

Auch ansonsten gehen Abbi Jacobson, Will Graham und ihr Team an vielen Stellen weiter, als dies bisher viele andere Serien mit queeren Figuren getan haben. Sie zeigen immer wieder, dass queer nicht gleich queer ist, dass es viele Varianten gibt. Sie zeigen Butches und Femmes, schwule Soldaten, Drag Queens, queere Latinas, trans* und nicht-binäre Personen. Dass in den 1940ern noch häufig die Bezeichnungen fehlten, die wir heute verwenden, ist hier insofern hilfreich, weil man als Zuschauer*in eher die Figur betrachtet als das Label, das sie repräsentiert.

Jo, Carson und Greta (Quelle: Amazon Prime)

Dabei verschweigt die Serie nicht die dunklen Seiten der Zeit, in der sie spielt und mit der auch die Figuren konfrontiert werden. Es herrscht Krieg, Rassismus ist alltäglich und Homosexuelle werden von der Polizei drangsaliert. Dies zieht die Stimmung insgesamt jedoch nicht runter. Die Figuren und ihre Geschichten werden mit so viel Humor und Lebensfreude erzählt und von den Darstellerinnen so toll gespielt, dass es einfach nur Spaß macht, ihnen zuzusehen. Schön ist auch, dass nicht nur die Hauptfiguren komplex ausgestaltet sind, sondern es gibt auch für die meisten Nebenfiguren zumindest einen kurzen Moment, der ihr Verhalten und ihre Handlungen verständlich macht.

Serienhighlight des Jahres

Es gäbe noch sehr viel mehr, was ich über A League of Their Own schreiben könnte. Stattdessen verlinke ich weiter unten einige Artikel und Interviews, in denen man noch einiges über die Hintergründe der Serie erfährt.

Für mich ist A League of Their Own das bisherige Serienhighlight des Jahres. Diese Serie ist so anders, dass der deutsche Titel ausnahmsweise nicht passender gewählt sein könnte: Eine Klasse für sich.

(Auf das Bild klicken, um den Trailer auf YouTube zu sehen.)

Links:

„A League of Their Own“ ist seit dem 12.8.22 vollständig bei Amazon Prime abrufbar. Die Abrufzahlen der ersten vier Wochen nach Veröffentlichung sind übrigens für die Entscheidung relevant, ob die Serie verlängert wird. Just saying… 😉