Coming-out bei „Supergirl“: Was die Geschichte von Alex Danvers in der zweiten Staffel der Serie so großartig und wichtig macht

Am heutigen Mittwoch (29.3.) startet bei ProSieben die zweite Staffel von „Supergirl“. Auch in den neuen Folgen stehen natürlich wieder die Abenteuer der Titelheldin im Vordergrund. Für Aufmerksamkeit bei Medien und Fans hat jedoch eine Storyline gesorgt, die mit Kara Danvers alias Supergirl nur am Rande zu tun hat: Das Coming-out ihrer Adoptivschwester Alex Danvers.

Chyler Leigh als Alex Danvers

Die Serie Supergirl basiert auf der gleichnamigen Comic-Figur aus dem Hause DC Comics. Kara Zor-El alias Kara Danvers kam als junges Mädchen von ihrem Heimatplaneten Krypton auf die Erde, wo sie von den Wissenschaftlern Eliza und Jeremiah Danvers aufgenommen wurde und zusammen mit deren Tochter Alex aufwuchs. Ebenso wie ihr Cousin Kal-El alias „Superman“ verfügt Kara über übermenschliche Kräfte, die sie einsetzt, um die Einwohner der fiktiven Stadt National City zu beschützen. Dabei arbeitet sie mit der DEO zusammen, einer geheimen Regierungsorganisation, die außerirdische Aktivitäten auf der Erde überwacht und für die auch ihre Schwester Alex tätig ist.

In Staffel 1 sah man Alex Danvers vor allem in diesen beiden Rollen: Als Agentin der DEO oder als Karas ältere Schwester, die von ihren Eltern dazu erzogen wurden, Kara und vor allem deren Geheimnis um ihre Herkunft zu beschützen. Ihr Privat- oder gar Liebesleben wurde so gut wie nicht thematisiert. Das ändert sich in Staffel 2, als Alex der Polizistin Maggie Sawyer begegnet. Maggie schafft es nicht nur, Alex‘ Meinung über Außerirdische zu ändern, die sie bisher – mit Ausnahme von Kara – vor allem als Bedrohung ansah. Sie löst in der toughen DEO-Agentin auch überraschende Gefühle aus. Nach einem Missverständnis mit Maggie stellt Alex sich der Frage, was ihre Gefühle bedeuten – und erkennt, dass sie lesbisch ist.

Die Coming-out-Geschichte von Alex Danvers, die in der zweiten Staffel von Supergirl erzählt wird, ist eine der besten, die je in einer Fernsehserie gezeigt wurde. Sie ist nicht nur außerordentlich feinfühlig geschrieben, sondern von Alex-Darstellerin Chyler Leigh auch großartig gespielt. Was sie so besonders macht ist vor allem, wie authentisch sie ist, wie nah an der Erfahrungswelt lesbischer Frauen. Das lässt sich u.a. an der Szene festmachen, in der Alex Maggie (Floriana Lima), vor allem aber sich selbst zum ersten Mal eingesteht, dass sie lesbisch sein könnte.

(Auf das Bild klicken, um das Video auf YouTube zu sehen)

Was Alex beschreibt – ihre Unfähigkeit, sich auf Beziehungen, auf Intimität mit Männern einzulassen und der Schluss, dass es an ihr liegt, dass sie eben nicht für die Liebe geschaffen sei – ist etwas, das vielen lesbischen Frauen bekannt vorkommen dürfte, die verzweifelt versucht haben, das zu leben, was die Gesellschaft noch immer als Norm ansieht, und, als sie es nicht konnten, bei sich selbst die Schuld gesucht haben. Ich jedenfalls habe mich in diesem Moment in Alex wiedererkannt, denn mir ging es genauso. Und ebenso wie Alex habe ich lange gebraucht, es tatsächlich auszusprechen, selbst als ich es mir schon eingestanden hatte.

Auch im weiteren Verlauf der Handlung thematisiert Supergirl Aspekte, die viele queere Menschen kennen, wenn es um das Thema Coming-out geht.

Hierzu gehört u.a. die Tatsache, dass man sich nicht nur einmal, sondern immer wieder vor den Menschen in seinem Leben outen muss, dass man dafür aber auch Zeit braucht. So wird in unterschiedlichen Folgen gezeigt, wie Alex sich sukzessive zunächst bei Kara, dann bei ihrer Mutter, bei ihren Freunden und schließlich bei einem weiteren Menschen outet, der ihr sehr wichtig ist. (Wer wird hier nicht verraten, da es ein größerer Spoiler für Staffel 2 ist.) Dabei wird immer wieder deutlich, wie nervös Alex ist und wie groß ihre Angst, von den Menschen, die sie liebt, zurückgewiesen zu werden – etwas, das leider allzu realistisch ist und in der Serie ebenfalls, allerdings anhand einer anderen Figur, thematisiert wird.

Die Entwicklung der Figur Alex in Staffel 2 endet jedoch nicht mit ihrem Coming-out. Es wird auch beleuchtet, wie es für Alex ist, zum ersten Mal in einer ernsthaften Beziehung zu sein – nicht nur mit einer Frau, sondern überhaupt. Und es wird gezeigt, wie sich die Beziehung von Alex und Maggie alias „Sanvers“, wie das Paar von Fans genannt wird, entwickelt. Etwas enttäuschend ist dabei, dass die Szenen von Alex und Maggie vergleichsweise kurz sind und manchmal etwas gehetzt wirken, auch im Vergleich mit dem Raum, den anderen Paaren in der Serie eingeräumt wird. Zudem wird allerhöchstens angedeutet wird, dass ihre Beziehung auch körperlich ist und sie im Bett nicht nur Händchen halten. Positiv ist jedoch, dass die Geschichte kontinuierlich weitererzählt wird und ihre Szenen so großartig geschrieben und gespielt sind, dass deutlich wird, wie nah die zwei sich im Laufe der Zeit kommen und wie wichtig sie füreinander sind. Dabei wird immer wieder gezeigt, wie sie miteinander reden, sich einander öffnen und gegenseitig unterstützen und so als Paar zusammenwachsen.

Leider ist in Staffel 2 von Supergirl nicht alles so gut gelungen wie die Entwicklung von Alex Danvers und ihre Liebesgeschichte mit Maggie. Wer die erste Staffel insbesondere auch wegen der interessanten Frauenfiguren und dem unverhohlenen Feminismus mochte, wird sich einige Male verwundert die Augen reiben. Fast scheint es, als mussten die Verantwortlichen ihrem neuen Sender The CW einige Zugeständnisse machen, um die „Sanvers“-Geschichte erzählen zu können, und dafür an anderen Stellen insbesondere eine männliche Figur stärker in den Mittelpunkt stellen, als es der Serie und vor allem auch der Entwicklung der Titelfigur guttut.

Wie wichtig es jedoch war, die Geschichte von Alex zu erzählen, zeigen die Reaktionen. Exemplarisch hierfür steht dieser Twitter-Thread, in dem die Verkäuferin eines Comicladens eine Begegnung mit einem jungen lesbischen Mädchen beschreibt, das durch die Geschichte von Alex davon abgebracht wurde, Selbstmord begehen zu wollen:

Representation matters. Visibility matters. Kaum eine Serie hat das in letzter Zeit so deutlich gemacht wie Supergirl mit der Geschichte von Alex und „Sanvers“.

Wer jetzt gern noch mehr lesen möchte: Hier sind einige Links zu Artikeln über die Figur Alex Danvers, die Coming-out-Geschichte, Schauspielerin Chyler Leigh und die Liebesgeschichte zwischen Alex und Maggie. Aber Vorsicht: SPOILER!

Links:


Kommentare

4 Antworten zu „Coming-out bei „Supergirl“: Was die Geschichte von Alex Danvers in der zweiten Staffel der Serie so großartig und wichtig macht“

  1. […] lesbisch. Warum das bemerkenswert und wichtig ist, hat die Medienbloggerin aufgeschrieben: „Coming-Out bei ‚Supergirl‘“ (Ein zusätzlicher Service: Am Ende des Textes findet Ihr noch weitere interessante Links […]

  2. Schon gesehen Chyler Leigh kommt mit ihrem Mann nach Europa und gibt ein Konzert in der Schweiz.
    https://www.starticket.ch/de/tickets/east-of-eli-20170524-2000-papiersaal-sihlcity-zurich

  3. Martin Friedmann

    Ich kann schon verstehen das eine lesbische Frau diese Geschichte großartig findet, für den Rest inklusive mir, gilt das weniger.

    Ich fand diese für mich sehr aufgesetzte Liebes Geschichte ziemlich nervig weil sie erstens so furchtbar kitschig erzählt wurde, und zweites es irgendwie nicht zu dem Charakter der toughen Alex Denvers passt sich plötzlich aufzuführen als wäre sie noch ein 13 jähriger Teenager.

    Als Alex Kara erzählt wie toll es doch ist das Maggie heute abend bei ihr ist ist die Antwort von ihr „Es ist es ja toll das du dein Glücksbärchi gefunden hast“. Glücksbärchi ist der Begriff der diese Geschichte perfekt umschreibt.

    Meiner Meinung nach muß man einer lesbische Geschichte nicht unbedingt in einer Serie wie Supergirl soviel Platz einräumen, es sollte hauptsächlich um Supergirl gehen.

    Dann doch besser eine eigene Serie um das Thema drehen wo es einzig und allein um diese Beziehung geht.

    1. Danke für deinen Kommentar. Schade, dass du es so siehst. Wobei ich noch nicht ganz verstehe, inwieweit das eine mit dem anderen zusammenhängt. Wenn die Geschichte dich nervt, weil du sie kitschig findest und Alex sich deiner Meinung nach „out of character“ verhält, ist das sicherlich Geschmackssache. Aber was hat das damit zu tun, dass es eine lesbische Liebesgeschichte ist?

      Im übrigen ist es gerade wichtig, dass es auch in einer Mainstream-Serie wie „Supergirl“ – in der es ja tatsächlich nicht nur um Supergirl geht, sondern auch immer mal wieder um andere Figuren – diese Art von Sichtbarkeit gibt, weil sie sonst ja nie im Mainstream ankommen würde. Ich kann mir aber auch nicht vorstellen, dass nur lesbische Frauen eine lesbische Liebesgeschichte gut finden können bzw. weiß ich von heterosexuellen Menschen, die auch „Sanvers“-Fans sind. Sonst würde das ja bedeuten, dass nur Heteros eine heterosexuelle Liebesgeschichte gutfinden können und da kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass ich selbst auch schon Hetero-Paare „geshippt“ habe.

      Die „Glücksbärchi“-Szene, die du zitierst, ist leider ein Beispiel für grottenschlechte Synchronisierung. Im Original ist das tatsächlich nicht so kitschig.

      Und was die Idee angeht, dass es eine eigene Serie geben sollte, in der es nur um „Sanvers“ geht, da wäre ich sofort dabei. 😉 Nur leider gibt es die nicht – oder überhaupt Serien, in denen es überwiegend um lesbische Liebesgeschichten geht.