Serienkritik: Zarah – Wilde Jahre

Im ZDF startet am morgigen Donnerstag die 6-teilige Serie „Zarah – Wilde Jahre“, in der es um die Frauenrechtlerin Zarah Wolf geht, die den Posten der stellvertretenden Chefredakteurin der männerdominierten Zeitschrift „Relevant“ übernimmt. Die erste Folge ist bereits in der Mediathek verfügbar. Ich habe mal reingeschaut und mir ein paar Notizen gemacht.

Zarah Wolf (Claudia Eisinger) hat Grofles vor an ihrem neuen Arbeitsplatz.

Eine deutsche Serie – soll ich da überhaupt reinschalten?

Was deutsche Serien angeht, insbesondere wenn sie von öffentlich-rechtlichen Sendern in Auftrag gegeben wurden, bin ich inzwischen grundsätzlich skeptisch. Häufig sind mir die Geschichten zu plakativ und zu vorhersehbar erzählt und die Figuren zu stereotyp. Oft spare ich mir diese Serien daher inzwischen, auch wenn das Thema ganz interessant sein könnte.

In Zarah – Wilde Jahre habe ich vor allem aus einem Grund reingeschaut, nämlich weil es in der Ankündigung folgenden Satz gab: „Dass Verlegertochter Jenny (Svenja Jung) sich in sie verliebt, macht die Sache nur noch komplizierter.“ Auch wenn ich bei der Darstellung von Liebe zwischen Frauen in deutschen Serien fast noch skeptischer bin als beim Thema deutsche Serien allgemein, hat dies doch meine Neugier geweckt. Es musste allerdings ein weiterer Aspekt hinzukommen, damit ich tatsächlich eingeschaltet habe: Dass die berechtigte Hoffnung besteht, dass beide Frauen überleben und keine einen frühen Serientod sterben muss. Denn ja, das sogenannte Dead Lesbian Syndrome ist auch in deutschen Serien ein Thema, wie Charité gerade erst bewiesen hat, und darauf habe ich schlicht überhaupt keine Lust mehr.

Wenn dir die „love interest“ sympathischer ist als die Hauptfigur…

Tatsächlich kann ich mir gut vorstellen, dass eine Liebesgeschichte zwischen Zarah und Jenny, wenn es denn dazu kommt, ganz interessant und sehenswert sein kann. Das liegt, zumindest gemessen an der Pilotfolge, aber leider nicht an Zarah, sondern an Jenny, die für mich in der ersten Folge die interessantere Figur war.

Dass ich mit Zarah, immerhin der Hauptfigur, nicht richtig warm geworden bin, lag vor allem an dem schon weiter oben bemängelten Bedürfnis deutscher Serienmacher*innen, Geschichten und Figuren plakativ und stereotyp darzustellen. Und da Zarah nun einmal Feministin ist und Feministinnen – zumindest nach der (vermeintlichen) Erwartungshaltung des deutschen Durchschnittszuschauers – kratzbürstig und dominant auftreten und sich von vornherein mit jedem, vor allem natürlich mit ihren männlichen Kollegen, anlegen, muss Zarah das in Folge 1 natürlich auch tun. Um da Sympathie mit der Figur zu entwickeln, fehlte es für mich an Hintergrundgeschichte, die auch nicht ausreichend durch den Besuch bei der Mutter geliefert wurde. Ich hoffe, dass die Serie hier noch nachlegt. Jenny hat mich dagegen überrascht, da sie nicht, wie man fürchten könnte, auf den Typ „verwöhntes Töchterchen“ reduziert wird, sondern erfrischend selbstbewusst und dabei dennoch sympathisch auftritt.

Zarah (Claudia Eisinger, l.) und Jenny (Svenja Jung, r.) erinnern sich an ihr erstes Treffen in St. Tropez.

Zu plakativ, zu überfrachtet

Auch ansonsten fand ich, wie schon befürchtet, zumindest in Folge 1 die Geschichte in Teilen zu plakativ und vor allem überfrachtet. Die Männerfiguren, insbesondere Zarahs Kollegen und Vorgesetzte in der Redaktion, sind fast durchweg unsympathisch dargestellt, wahrscheinlich um auch wirklich ganz deutlich zu machen, wie schwer es Zarah in ihrem neuen Job als stellvertretende Chefredakteurin des Magazins haben wird. Der Rockstar, um den es in einem der Artikel geht, lebt natürlich nach dem Motto „Sex, Drugs & Rock’n Roll“. Zarahs Mutter (Zwischenfrage: Was ist eigentlich mit ihrem Vater???) findet natürlich, dass sie sich doch ein bisschen mehr an die Erwartungen von Männern anpassen sollte. Dass Mama eine Perücke trägt, löst beim geschulten Serienpublikum sofort die Assoziationen „Chemo! Krebs!“ aus. Bei den Feministinnen, die mit Taschenlampe und Spiegel ihre Vaginas betrachten wollen, begannen meine Augen sich schon leicht zu verdrehen und spätestens bei der Jugendfreundin, die zum Baader-Meinhof-Komplex gehört, war es mir dann irgendwie zu viel.

Und was soll das Ganze?

Eine Frage, die sich mir während des Anschauens der ersten Folge gestellt hat, war, was für mich als Zuschauerin eigentlich konkret der Anknüpfungspunkt wäre, der die Serie interessant und relevant machen würde, wenn es nicht unter anderem um eine Liebesgeschichte zwischen zwei Frauen ginge, was mich ja vor allem auch als Bloggerin interessiert. Für mich persönlich ist unklar geblieben, warum diese Geschichte mit diesem Figurenensemble, vor allem dieser Hauptfigur, in diesem Setting und insbesondere in dieser Zeit erzählt wird und warum mich das interessieren sollte. Ich hoffe, dass sich mir dies in den nächsten Folgen noch erschließt sowie dass die Serie es schafft, bestimmte Themen und Figuren fokussierter in den Blick zu nehmen und sich nicht so zu verzetteln.

Soll heißen: Ja, ich werde mir trotz allem auch die weiteren Folgen von Zarah anschauen und auch weiter darüber schreiben, wenn es nicht ganz schlimm wird. Oder dann erst recht.


Kommentare

Eine Antwort zu „Serienkritik: Zarah – Wilde Jahre“

  1. Es wurde zwar nicht ganz schlimm – eher im Gegenteil – ich habe es aber trotzdem erst jetzt geschafft, noch einmal kurz etwas über Zarah zu schreiben:

    https://seriennotizen.tumblr.com/post/168752250812/zarah-wilde-jahre

    Insgesamt fand ich, dass die Serie ab der zweiten Folge fokussierter war, auch wenn bei zu vielen Figuren Handlungsstränge angerissen wurden, die dann teilweise, vielleicht aus Zeitgründen, nicht zu Ende erzählt wurden. Ich fand’s auch nach wie vor an einigen Stellen zu plakativ. Mir ist aber zumindest die Figur Zarah sympathischer geworden und ich fand die Liebesgeschichte mit Jenny insgesamt sehenswert.